Die Apple-SIM: Schneller Wechsel in Apples Wunschtarife

Mit den neuen iPads, die Apple letzte Woche auf dem Event vorgestellt hat, gibt es eine auf den ersten Blick kleine unscheinbare Neuerung, die das Potenzial hat der Beginn einer kleinen Revolution zu sein: Die Apple-SIM! Auf dem Event selber hat man diese Neuerung auch erstmal gar nicht erwähnt, vermutlich auch deshalb, da es die Apple-SIM vorerst nur in den USA und Großbritannien gibt. Aber erstmal zu den Fakten: In den beiden Ländern liefert Apple das neue iPad Air 2 und das neue iPad mini 3 mit der sogenannten Apple-SIM aus. Das Besondere an dieser SIM-Karte ist, dass sie nicht an einen Provider gebunden ist, Provider und Tarif werden erst per Software auf dem iPad gewählt. Auf den ersten Blick klingt das nach einer guten Idee – gerade für den Kunden – man kann flexibel Provider und Tarif wählen, insbesondere wenn man mit seinem iPad auf Reisen ist. Eine gute Idee ist es aber eben nur auf den ersten Blick…

Apples Ziel: iPhone ohne SIM-Karte
Um zu erklären, wo der Haken an dieser Idee liegt, hole ich mal ein wenig aus. Schon 2010 hat Apple ein Patent ein Patent für virtuelle SIM-Karten zugesprochen bekommen und folgerichtig wurde in den Medien bereits spekuliert, ob die nächste iPhone-Generation ohne SIM-Karten-Slot auf den Markt kommen würde. Schließlich war die SIM-Karte für Apple schon immer ein Störfaktor, zum einem ist sie fremde Hardware zum anderem beansprucht sie Platz im iPhone und muss auch im Design berücksichtigt werden. Wäre es nach Apple gegangen, hätte man wahrscheinlich sogar schon das erste iPhone ohne SIM-Karte ausgeliefert, aber das hat den Providern damals nicht so recht geschmeckt.

Da die Apple-SIM kein offener Standard ist, hat Apple die Kontrolle darüber, welche Tarife über die Apple-SIM möglich sind und welche nicht. Schon heute sind nicht alle amerikanischen und britischen Provider über die Apple-SIM nutzbar, auch wenn das aktuell eher an den Providern liegen dürfte. Aktuell ist das auch noch kein Problem; will man einen Provider oder Tarif nutzen, der mit der Apple-SIM nicht möglich ist, nimmt man sie eben einfach heraus und ersetzt sie durch eine herkömmliche SIM-Karte vom gewünschten Anbieter, noch ist sie schließlich wechselbar.

Das Ende für die freie Tarifwahl?
Mit diesem Hintergrund-Wissen kommt man schnell auf den Gedanken, dass die Apple-SIM nur ein erster Schritt ist, um Technik und Kundenakzeptanz einer virtuellen SIM-Karte zu testen. Früher oder später wird die Apple-SIM keine tauschbare Karte mehr sein, sondern auf der Platine aufgelötet werden. Spätestens dann hat Apple die Kontrolle darüber, welche Provider und Tarife mit der eigenen Hardware genutzt werden dürfen. Versucht hat Apple dies mit dem iPhone schon von Anfang an: Das erste iPhone gab es nur in Verbindung mit einem Vertrag bei ausgewählten Providern. So gab es das iPhone in Deutschland anfangs nur bei der Telekom, aber auch danach gab es immer wieder künstliche Beschränkungen mit SIM-Karten von Providern, die nicht zu Apples Vertriebspartnern zählten. So war das Tethering anfangs nur in ausgewählten Tarifen möglich oder auch war LTE bis vor einigen Wochen nicht ohne Jailbreak im E-Plus-Netz nutzbar.

Daher ist leider nicht zu erwarten, dass Apple künftig allen Providern und Verträgen freien Zugang gewähren wird. Wer Mobilfunk-Leistungen an Apple-Kunden verkaufen will, wird mit Apple zusammenarbeiten müssen. Es steht auch zu befürchten, dass Apple sich diese Zusammenarbeit bezahlen lassen wird, so dass iPhone- bzw. iPad-Tarife vermutlich auch teurer sein dürften, als vergleichbare Tarife für alle anderen Geräte. Alle Angebote wird man auf dem iPhone und iPad vorraussichtlich auch nicht mehr nutzen können, das dürfte insbesondere für die günstigen Discounter-Tarife wie z.B. ALDI-Talk oder Tchibo mobil gelten.

Fazit
Die SIM-Karte bzw. der Mobilfunkvertrag ist aktuell der einzige Punkt beim iPhone/iPad, an dem Apple keine vollständige Kontrolle über das Nutzererlebnis hat, die Wahrscheinlichkeit, dass Apple auch hier die Kontrolle übernimmt ist hoch. Man wird zwar einfach und unbürokratisch Tarif und Provider wechseln können, aber eben nur in die Tarife von Apples Gnade. Das passt leider nur zu gut in Apples Strategie der letzten Jahre: Der Benutzer bekommt immer weniger Kontrolle über die eigene Hardware. Im AppStore ist nur zugelassen, was Apple gefällt. Die Macs werden hardwaretechnisch immer weiter vernagelt, so dass der Nutzer selber praktisch gar nichts mehr tauschen kann. Speicher wird verlötet und Gehäuse verklebt. Das ist schade, denn Apple ist auf dem besten Wege ein vergifteter Apfel zu werden, man kann nur hoffen, dass sich z.B. die deutschen Provider weiter quer stellen, so dass Apple gezwungen sein wird, weiterhin auf die herkömmlichen SIM-Karten zu setzen.

Viele Fragen bleiben auch noch offen: Was passiert mit einem laufenden Vertrag, wenn man die Hardware verkaufen will? Wird man den Vertrag auf neue Hardware übertragen können? Auch auf eine herkömmliche SIM, falls das neue Gerät nicht von Apple ist? Wird man bestehende Verträge auf die dann interne Apple-SIM übertragen können? Dennoch freuen sich in der Netzgemeinde viele Nutzer über die Apple-SIM, wobei ich das absolut nicht nachvollziehen kann, schließlich ist die Apple-SIM der erste Schritt zu noch mehr Bevormundung. Ich persönlich wechsel da doch lieber weiterhin echte SIM-Karten. Wobei virtuelle SIM-Karten bzw. Soft-SIMs grundsätzlich keine schlechte Idee sind, aber wenn dann bitte als offener Standard, auf den jeder Provider Zugriff hat – ohne Kontrolle durch Apple!

Hintergrund
Tim killt die SIM: Darum ist die Apple SIM so mächtig – curved.de
Wie Apple die SIM-Karte beerdigen will – Heise Mac&i
Gerücht: Apple plant Vermarktung des iPhone 5 ohne Netzbetreiber – telecom-handel.de (Meldung von 2010)
Apple plant virtuelle SIM-Karte für schlankere iPhones – Provider zittern – t3n.de (Meldung von 2011)
Offiziell: LTE von E-Plus mit Apple iPhone unter iOS8 nutzbar – teltarif.de